Schweizer Abstimmungsforschung geht neue Wege
Das neue Forschungsprojekt «DDS-21» untersucht die persönliche Meinungsbildung bei Abstimmungen. Am Zentrum für Demokratie Aarau wird die Rolle der Digitalisierung auf die Meinungsbildung analysiert. Dabei zeigt sich: Soziale Medien spielen bei der Informationsbeschaffung nach wie vor eine kleine Rolle – bei den Jungen werden YouTube und Instagram jedoch rege genutzt.
Es fliesst viel ein in ein Ja oder Nein auf dem Stimmzettel. Nebst Sachinformationen spielen auch persönliche Einstellungen eine wichtige Rolle. Wie wirkt politische Werbung auf die einzelnen Stimmbürgerinnen? Welche Botschaften werden ihnen wo zugespielt und wie bewerten sie diese? Die Frage, was genau die persönlichen Stimmentscheide der Bürgerinnen und Bürger beeinflusst, ist bis jetzt kaum erforscht.
Daher nimmt sich das Projekt «Direkte Demokratie Schweiz im 21. Jahrhundert (DDS21)» der individuellen Ebene der Stimmbevölkerung an und ergänzt bestehende Forschung um neue Perspektiven, wie die Rolle der Digitalisierung. Projektleiter Daniel Kübler formuliert den Ansatz so: «Das Projekt möchte neue und innovative Fragestellungen der Abstimmungsforschung beleuchten, um so den individuellen Stimmentscheid besser verstehen zu können.»
Das Forschungsprojekt untersucht nach jeder eidgenössischen Abstimmung die Beweggründe für die Teilnahme und Entscheidung der Stimmberechtigten. Dazu füllen schweizweit zufällig ausgewählte Personen Online-Befragungen aus.
Bedeutung sozialer Medien bei Jungen grösser
Nun liegen erste Ergebnisse vor. Politische Informationen werden meistens im analogen Raum gesehen. Die Wahrnehmung im Internet respektive auf sozialen Medien bleibt dabei nebensächlich, zumindest beim älteren Teil der Bevölkerung. Nicht so die Jungen: Vor allem Instagram wird auch zu politischen Informationszwecken rege genutzt.
Gabriel Hofmann, Projektmitarbeiter am Zentrum für Demokratie Aarau hält fest: «Alles in allem zeigt sich ein ausgeprägter Gegensatz im Informationsverhalten der Generationen. Während die Digital Natives ihre Informationen auch auf digitalen Plattformen wie YouTube und Instagram oder Seiten wie Watson besorgen, verlassen sich die älteren Stimmbürgerinnen nach wie vor auf Radio, TV und Zeitung.»
Wahrnehmung politischer Werbung
Eine weitere Erkenntnis aus dem Forschungsprojekt ist, dass politische Werbung vor allem über Abstimmungsplakate wahrgenommen wird. Den Teilnehmenden der Online-Befragung wurde dazu häufig verwendete politische Werbung (Pro und Kontra) vorgelegt. Darauf konnten sie angeben, ob sie die entsprechende politische Werbung schon einmal (bewusst) gesehen haben, und wenn ja, wo. Die erste Auswertung zeigt, dass Plakate zum «Klima- und Innovationsgesetz» tatsächlich viel eher wahrgenommen wurden als solche zur «OECD/G20-Mindestbesteuerung.»
Die Abbildung zeigt einerseits, wie die Befragten Pro- und Kontra-Plakate wahrgenommen haben und andererseits über welchen Kanal. Quelle: DeFacto
Interessant ist, dass Pro- und Kontra-Plakate zum Klimagesetz etwa gleich oft wahrgenommen wurden, während die entsprechenden Pro-Inserate in der gedruckten Presse dominierten. Thomas Milic vom Lichtenstein-Institut ordnet das so ein: «In der Wahrnehmung von politischer Werbung ist das politische Plakat nach wie vor Spitzenreiter und digitale Werbung ist nur zweitrangig.»
Die weitere Entwicklung
Bis zum Jahr 2027 sollen weitere Fragekomplexe untersucht werden. Etwa: Wie beeinflussen grundlegende Einstellungen, etwa zu Gerechtigkeit, die konkreten politischen Entscheidungen? Und wie kann aussagekräftig gemessen werden, wieviel die Bürgerinnen und Bürger über eine einzelne Vorlage wissen?
Nebst dem neuen Forschungszugang ist auch die schweizweite Verankerung einzigartig. Unter der Federführung des Zentrums für Demokratie Aarau (ZDA) arbeiten die acht Politikwissenschaftlichen Institute aller Schweizer Universitäten sowie das Lichtenstein-Institut am Projekt mit. Es wird finanziert vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF).
Weiterführende Ressourcen
Blogbeitrag auf der Plattform DeFacto: www.defacto.expert (Deutsch) (Französisch und Italienisch folgen)
Projektwebseite: www.dds21.uzh.ch/de
Projektdatenbank SNF: https://data.snf.ch/grants/grant/207585
Über das ZDA
Das Zentrum für Demokratie Aarau ist ein wissenschaftliches Forschungszentrum, das von der Universität Zürich, der Fachhochschule Nordwestschweiz, vom Kanton Aargau und von der Stadt Aarau getragen wird. Es betreibt Grundlagenforschung und befasst sich mit aktuellen Fragen zur Demokratie – regional, in der Schweiz und weltweit. www.zdaarau.ch
Allgemeine Auskünfte zum Projekt
Prof. Dr. Daniel Kübler, Zentrum für Demokratie Aarau
daniel.kuebler@zda.uzh.ch
078 815 67 60
Rückfragen Studienergebnisse
Thomas Milic, Lichtenstein-Institut
thomas.milic@liechtenstein-institut.li
+423 320 33 13
Gabriel Hofmann, Zentrum für Demokratie Aarau
hofmann@zda.uzh.ch
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